Verwaltung typisch anders: Bombenentschärfungen, Versammlungen und Großveranstaltungen

Was bedeutet es eigentlich, eine Stadt zu verwalten? Die Antworten hierauf wären wohl ebenso verschieden, wie die Aufgabenbereiche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Koblenz. Eine Stelle, die wohl eher aus der Reihe der klassischen Verwaltungsaufgaben fällt, nimmt dabei Stefanie K. wahr: „Ich liebe Sondereinsatzstimmung!“ - Stefanie K. ist bei der Stadtverwaltung Koblenz beim Ordnungsamt beschäftigt. Anders, als es der Titel vielleicht vermuten lässt, beschäftigt sich die 26-jährige Stadtoberinspektorin zwar nicht mit der Verbrecherjagd – ihr Aufgabengebiet mutet jedoch dennoch außergewöhnlich an. Denn was sich hinter „besonderer Gefahrenabwehr“ inhaltlich verbirgt, scheint auf den ersten Blick nicht viele Klischees einer klassischen Verwaltungsausbildung zu bedienen: Von der Verwaltungsausbildung raus in die Praxis „Wir haben eine Bombe!“ Ein Anruf, vier Worte und die Uhren laufen anders. Seit 2020 gehört die Leitung von Sonderlagen zu dem Aufgabenbereich von Stefanie. Wird eine Bombe im Stadtgebiet gefunden, heißt es innerhalb kürzester Zeit gemeinsam mit der Stadtspitze, der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz einen Plan für die Evakuierung des betroffenen Bereichs sowie die Entschärfung an sich zu entwickeln. Eine Bombenentschärfung hat dabei immer Priorität, das Alltagsgeschäft läuft langsamer. Es werden Strukturen angepasst, Kapazitäten geschaffen und das alles unter enormem zeitlichen Druck. Etwas, das in der klassischen Verwaltungsausbildung nicht gelehrt wird. „Auf dieser Stelle habe ich vor allem durch die Praxis gelernt“, erklärt Stefanie. Die Koblenzerin hat nach ihrem Abitur im Jahr 2013 das duale Bachelorstudium „Allgemeine Verwaltung“ an der Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Rheinland-Pfalz in Mayen absolviert, damals als Inspektoranwärterin der Stadtverwaltung Trier. Im Februar 2017 erfolgte dann der Wechsel zur Stadtverwaltung Koblenz, wo sie zunächst beim Ordnungsamt für rund zwei Jahre den Bereich „Gaststättenangelegenheiten“ übernahm. Nach rund einem Jahr bot sich ihr zusätzlich die Möglichkeit, das Aufgabengebiet „Versammlungen“ zu betreuen. Eine Chance, die Stefanie, die bereits ihre Bachelorarbeit im Versammlungsrecht geschrieben hatte, gerne ergriff: „Ich finde die Materie einfach unheimlich interessant. Versammlungsrecht ist ein sehr politisches Rechtsgebiet. Und man ist stets im aktuellen Geschehen mit dabei, man bekommt die öffentliche Meinungsbildung aus erster Reihe mit.“ Versammlungen im Fokus Wie sehr man am Puls der Zeit arbeitet, bekam sie im Jahr 2019 direkt zu spüren: Fridays for Future erhöhte die Schlagzahl der Versammlungen und den damit verbundenen Arbeitsaufwand für die Verwaltung. Nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Versammlungen hatte sich verändert und durch die sozialen Medien unterliegt die Versammlungsbehörde in besonderem Maße dem öffentlichen Fokus. Dabei erfordert jede Versammlung individuelle Vorbereitung und höchste Konzentration. „Keine Versammlung ist wie die andere. Man hat mit verschiedensten Charakteren zu tun, die politischen Brisanz und die Atmosphäre variieren und auch die örtlichen Gegebenheiten können sehr relevant sein“, weiß die junge Beamtin. „Und genau dieses Unvorhersehbare reizt mich. Jeder Einsatz ist anders, die Arbeit ist enorm abwechslungsreich.“ Wie aber geht man gut vorbereitet in einen solchen Einsatz? Im Laufe der Zeit gewinne man Erfahrung; die Zusammenarbeit mit der Polizei laufe sehr gut und man kenne viele der Versammlungsleiter. Am Anfang, so Stefanie, sei die Anspannung dennoch sehr hoch gewesen – gerade weil man Sonderlagen nicht in der Theorie an der Hochschule erlernen kann. „Hier wurde ich toll von meinem Sachgebietsleiter, von dem ich das Aufgabenfeld übernommen habe, herangeführt und unterstützt. Ich habe zunächst Versammlungen begleitet und dann nach und nach mehr Verantwortung übernommen – bis ich schließlich meine erste Versammlung eigenständig begleitet habe.“ Wie man mit Sonderlagen umgehen lernt Ähnlich verhielt es sich mit den Sonderlagen: Nach ihrer ersten Bombenentschärfung im Jahre 2017 übernahm Stefanie sukzessive bei bis heute vier Bomben Verantwortung, bis sie 2020 das erste Mal die Gesamtkoordination übernahm. „Ich konnte von einem sehr erfahrenen Team lernen, das schon mehrere Bombenentschärfungen durchgeführt hat“, berichtet Stefanie. „Und heute habe ich ein ebenso kompetentes Team von jungen, motivierten Leuten um mich.“ Es sei wichtig, gut und eng zusammenzuarbeiten, da jede Einsatzabschnittsleitung für ihren Bereich die Koordination übernähme. „Und ich konnte mich absolut auf mein Sachgebiet verlassen, die Zusammenarbeit lief toll. Wer nicht an der Bombe beteiligt war, hat zudem das Alltagsgeschäft am Laufen gehalten.“ Auch Oberbürgermeister David Langner lobt bei seinem Besuch das Sachgebiet: „Was hier im Team geleistet wurde, ist einfach toll. Es zeigt sich, was im Miteinander alles möglich ist und genauso wollen wir bei der Stadtverwaltung arbeiten. Dafür spreche ich meinen herzlichen Dank aus.“ Sachgebietsleiter Markus Schmitt ergänzt: „Der persönliche Einsatz des gesamten Sachgebiets war beispiellos.“ Gesteigerte Anforderungen durch die Corona-Pandemie Von der Corona-Pandemie sind auch die Aufgabenfelder von Stefanie in besonderem Maße betroffen: Nicht nur an die Bombenentschärfung wurden höhere Anforderungen gestellt, auch für Versammlungen und Veranstaltungen gelten besondere Regeln. Hier müssen es oftmals neue Lösungen gefunden werden, einen Mustervorgang gibt es selten. „So mussten wir in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2012 ein Versammlungsverbot aussprechen. Zudem haben wir drei gerichtliche Eilverfahren im Bereich Versammlungen geführt.“, berichtet Stefanie. Dies bedeutet unter hohem zeitlichen Druck verlässliche und rechtssichere Entscheidungen im Sinne aller Beteiligten zu treffen. Ein enormer Druck, nicht nur für junge Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter. Die größte Hürde des zurückliegenden Jahres sei jedoch unbestritten die Organisation der Versammlungen anlässlich der EU-Agrarministerkonferenz gewesen. Es galt insgesamt elf Versammlungslagen zu koordinieren, die innerhalb von drei Tagen stattfinden sollten. Angekündigt waren bis zu 4.000 Traktoren; es herrschte ein europaweiter Fokus. „Am Ende war die Lage nicht ganz so drastisch wie angekündigt – aber man musste sich auf alles vorbereiten, die Lage war absolut unvorhersehbar.“ Wie geht man als junge Stadtoberinspektorin nun aber mit alledem um - mit Bomben, mit Großveranstaltungen, mit Versammlungen? „Viel Kaffee!“, verrät Stefanie lachend. „Spaß beiseite: Wir sind ein tolles Team im Sachgebiet, das sehr gut zusammenhält und wir haben einen tollen Sachgebietsleiter, der uns große Aufgaben zutraut und vor allem anvertraut, uns hierbei aber stets zur Seite steht. Und zuletzt ziehe ich enorme Kraft aus der Arbeit selbst.“ Stefanies Job ist eben kein klassischer Schreibtischberuf. So abwechslungsreich er auch sein mag, verlangt er jedoch auch einiges ab. Die Arbeit ist aus ihrer Natur heraus nicht an gewöhnliche Öffnungszeiten gebunden, fordert oft Wochenendeinsätze und Rufbereitschaften – wie lässt sich dies mit dem Privatleben vereinbaren? „Jetzt gerade ist für mich genau die Zeit, einen solchen Job zu machen. Ich denke bei Einsätzen oft: ‚Es gibt keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre.‘“ Foto1: Fordern und Fördern bei der Stadtverwaltung Koblenz: Jungen Menschen eine Chance zu geben, sich zu beweisen, ist Markus Schmitt als Sachgebietsleiter sehr wichtig. Foto2: Im Team stark: Bei Sonderlagen packen alle mit an. Foto3: „Was hier im Team geleistet wurde, ist einfach toll. Es zeigt sich, was im Miteinander alles möglich ist und genauso wollen wir bei der Stadtverwaltung arbeiten. Dafür spreche ich meinen herzlichen Dank aus“, betonte sich Oberbürgermeister David Langner bei seinem Besuch im Nachgang an die Bombenentschärfung.
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